Fassung: 20.4.2017
Es waren nicht die Krieger, die 1989 Europa verändert, die Öffnung der Grenzen ermöglicht haben. Es waren die Künste, die Wissenschaften, die Forschungen, die KSZE-Gespräche, die auf den Beschlüssen von Helsinki 1975 basierten. Die derzeitigen Spannungen resultieren daraus, dass trotz ihres Scheiterns in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, die unermessliches Leid verursachten, den Kriegern wieder der Vorzug gegeben wird. Nach wie vor setzen sie auf Gewalt, errichten Grenzen, nehmen Tote in Kauf.
Es gibt aber auch Kräfte in Europa, die ein anderes Herangehen und andere Positionen bevorzugen. Dazu gehören die Festspiele in Erl in Tirol mit ihrem Russland-Schwerpunkt im Jahre 2016. Aber auch die Kritik des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier an den Kriegern.
In diesem Kontext erschien ein Buch, das mir in englischer Sprache vorliegt: Mikhail Gorbachev: The New Russia (Polity Press: 2016). Es ist auch als deutschsprachige Ausgabe erschienen. Gemeinsam ist beiden Ausgaben, dass die Medien im „Westen“ sich darauf beschränken, es als die Kritik an Putin darzustellen. Und das haben sie mit den Medien in Russland offenbar gemeinsam, dass Gorbatschow nur als Projektionsfläche verwendet wird. Insofern ist es gut das Buch zu lesen, denn Gorbatschow publiziert eine Vielzahl von Dokumenten, aus denen hervorgeht, was er tatsächlich gesagt bzw. geschrieben hat. Hier das Inhaltverzeichnis.
Dieses Gemeinsame vieler Medien hatte Peter Handke bereits in „Der Nachmittag eines Schriftstellers“ beschrieben. Aber es gibt auch noch eine weitere Gemeinsamkeit – das ist die Gemeinsamkeit jener, die am Krieg verdienen, den Konflikt wollen, weil der Konflikt ihnen Einkommen, Arbeitsplätze schafft. Und hier ist interessant, was immer wieder in den Berichten der Parlamente steht. Zuletzt im Chilcot Report, der Toni Blair vorwirft, nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, zu einer friedlichen Lösung zu finden.
Im Kern geht es in dem Buch „The New Russia“ von Gorbatschow darum, den Krieg und Bürgerkrieg zu vermeiden und eine friedliche Lösung zu finden. – Aber gerade damit tun sich viele Medien schwer. Denn es werden meist keine politischen Fragen diskutiert, Fakten vorgestellt, sondern es geht im Regelfall um Personen, die umschmeichelt werden (aufgrund der Erwartung von Inseraten, sonstigen Zuwendungen etc.) oder die auch vorgeführt werden, weil das LeserInnen bringt.
Gerade aber dies ist nicht die Art von Gorbatschow oder der Gorbatschow-Stiftung. Es ging Gorbatschow immer um politische Grundfragen: um eine soziale Demokratie in Russland, aber auch der Welt, um die Überwindung der Armut, um Konflikte zum Wasser, zum Klima, neue Entwicklungsmodelle. Es ist daher wichtig, das Buch selbst zu lesen, um einen Zugang zu einer Welt zu bekommen, die weitgehend weltweit nicht wirklich bekannt ist.
26.1.2017
http://time.com/4645442/gorbachev-putin-trump/
Mikhail Gorbachev: ‚It All Looks as if the World Is Preparing for War‘
6.4.2017
https://www.welt.de/politik/ausland/article163496697/Trumps-Erklaerung-fuer-den-US-Luftschlag-in-Syrien-im-Wortlaut.html
Damit beginnt eine neue Form der Politik: Eine Abkehr von den Grundsätzen einer Welt des Rechts (Facta loquuntur), einer Welt des Dialogs (erfolgreich: KSZE-Prozess), einer Welt der atomaren Abschreckung hin zu einer Welt, in der maximale Destruktion in Kauf genommen wird (Flugzeugträger auf dem Weg nach Nordkorea, Kriegsvorbereitungen gegen China).
Nachtrag 19.4.2017: Es tut nichts zur Sache, dass der Flugzeugträgerverband gar nicht nach Nordkorea, sondern nach Australien unterwegs war. Nun ist er nach Nordkorea unterwegs. Das Abkommen mit dem Iran steht vor der Kündigung. Drohungen sind wieder zum Mittel der Politik geworden.