2023: 53.173 Rückforderungen
Rückforderungen – Finanzen – Wiener Mindestsicherung 2023
OTS (15.4.2025): Michael Ludwig: der Wahlsieger
Fassung: 19.4.2025
Für 2024 bzw. 2025 fehlen Zahlen zur Wiener Mindestsicherung. (Auch von der Statistik Austria waren keine neueren Zahlen zu erhalten.) Es gibt aber ein Wording des Bürgermeisters vom 25.3.2025: Es geht um Wien. | Grundsatzrede von Bürgermeister Dr. Michael Ludwig | SPÖ Wien Website
Auffällig sowohl am Titel der Rede als auch an den Wahlplakaten ist, dass es nicht um die Wienerinnen und Wiener geht, sondern um Wien (gemeint: um die Macht?). Passend zum digitalen Humanismus (Stadt Wien: Gelebter Digitaler Humanismus in Wien) die Formulierung in der Grundsatzrede von Ludwig: um die arbeitsfähige Bevölkerung (15-65 Jahre) über das AMS abzuwickeln.
Weit von den Realitäten entfernt die Positionen der Parteien im Wahlkampf 2025. Menschen, Menschenrechte stehen nicht im Mittelpunkt. Die Lehren, die in der UN Charta, den Gründungsakten der EU enthalten sind, wurden offenbar vergessen, werden ignoriert.
Auch Analysen zum Wahlverhalten ignorieren die Mindestsicherung. Eine hohe Wahlenthalt ist daher nicht unwahrscheinlich.
Wording und Realitäten
Mit Wording wird vom Bürgermeister die Bedeutung der Mindestsicherung in der zitierten Grundsatzrede programmatisch klar hervorgehoben. Freilich wird die Mindestsicherung in der Realität in einer Weise abgewickelt, die demütigend ist, Menschen existentiell trifft.
Das eine ist die öffentliche Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner, in der öffentlich klar Position bezogen wird:
Ludwig rechnet mit Änderung bei Entwurf zur Mindestsicherung – Sozialpolitik – derStandard.at › Inland
Es ist die Vorgangsweise der RechtspolitikerInnen, die als Ursache der Bürokratisierung angesehen werden muss: Klubreport_SEPT24.pdf Diese Äußerungen der FPÖ sind zum Beispiel nicht hilfreich, um den realen Sachverhalt zu verstehen, aber sie zeigen nach meiner Beobachtung Wirkung.
Die RechtspolitikerInnen, die sich nicht auf die FPÖ beschränken, haben zur Stadt nicht wirklich etwas zu sagen hat (Energie, Technologie, Ökonomie, Mobilität, Gesundheit, Bildung, Kultur etc.). Was von der Rechtspolitik vorgebracht wird, zeugt zum Teil von tiefem Unwissen. Zum Beispiel im Falle der Verankerung arabischer Kultur in unserer Sprache. Die arabische Kultur ist aber die Basis für unsere Verrechnung (arabische Zahlen), unsere Software (Algorithmen), unseren Alltag (Papier, Medizin, Matratze etc.).
Die politische Veranwortung für die Verwaltung der Stadt Wien, für die Verteidigung der Menschen gegen die Rechtspolitik tragen aber der Bürgermeister, die Stadtregierung.
Immer wieder hat die Stadtregierung in diesem Zusammenhang versagt: Interreg III, der Umgang mit wissenschaftlichen Vereinen (zum Beispiel dem INST) sind weitere Beispiele dafür, dass der Rechtspolitik nicht die notwendigen Maßnahmen entgegengesetzt wurden und werden.
Die Folgen sind, dass auch hochqualifizierte Menschen in Armut gestürzt werden, weil Innovation nicht zugelassen wird. Ursache dafür ist zum Teil der Autoritarismus, die Besserwisserei von Verwaltungen, die sich am Mainstream orientieren. Folgen hatte dies in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in den Bereichen Kultur (Zugang von Menschen zur Welt), Technologie (insbesondere: Quantentechnologie), soziale Verwerfungen, Gewalt in der Stadt.
Ein Beispiel aus dem Alltag ist der 48er Tandler. An sich ein gutes Konzept. In der Realität aber stellte sich heraus, dass die Boxen des 48er Tandlers die Container für Sperrmüll waren.
Es ist bedauerlich, dass die Politik einer lautstarken Minderheit nach meiner Kenntnis für so viele Menschen Schaden in Wien anrichtet. Anstatt Wording ist ein konkretes rechtsstaatliches Handeln gefragt, soziale Demokratie. Der Bürgermeister selbst weiß, dass es nicht gut läuft. Trotzdem wird 12 Tage vor der Wahl noch auf ihn gesetzt.
Berichte
Downloads und Berichte – Sozialamt (MA 40)
Wiener Mindestsicherung 2023
2023 war ein Jahr der Bevormundungen, Kontrollen in verschiedenen Bereichen. Das ist ineressanterweise das letzte Jahr, zu dem es Daten zur Mindestsicherung im Kontext der sozialen Verhältnisse gibt (auch von der Statistik Austria). Die Zusammenfassung für 2023: 35 Prozent der Bezieher*innen sind Kinder und Minderjährige. Immer mehr Erwerbstätige auf Mindestsicherung angewiesen.
Dazu passen zum Beispiel die Zahlen der Arbeiterkammer: Unbezahlte Überstunden | Arbeiterkammer: 47 Millionen im Jahre 2023 in Österreich. Das erzeugt Armut. Darauf verweist ebenso der ÖGB.
Dieser Kontext wird konsequent in der öffentlichen politischen Debatte, in den Medien ignoriert. Beschuldigt werden Einzelne, dass sie zu viel bekommen (ökonomisch gesehen: irrelevant/ die Plakate der FPÖ zeugen auch in diesem Fall von Nichtwissen). Die Realität sind ungerechte Einkommen, die ausgeblendeten Tragödien von Menschen, die durch persönliche Umstände (z.B. Krankheit), aber auch durch gesellschaftliche Verhältnisse in die Armut gestürzt wurden. Im Angesicht der aktuellen Finanzlage ist eine Verschärfung zu erwarten. Aber auch die mediale Darstellung der aktuellen Budgetsituation hat wenig mit den Menschen dieser Stadt zu tun.
Sprache
In Österreich gibt es rund 1 Million funktionale Analphabeten. Und bei den Texten, um die es geht, handelt es sich um keine einfachen Texte:
RIS – Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) § 17 – Landesrecht konsolidiert Wien, Fassung vom 12.01.2024
Bestraft werden explizit auch diejenigen, die diese Texte nicht verstehen, nicht verstehen können. (Wozu auch der Bürgermeister, der Sozialstadtrat zu gehören scheinen, wenn man die Debatten mit der Rechtsregierung, den Rechtspolitikern verfolgt, weil sie nicht verstehen, dass in einem Rechtsstaat ein Gesetz auch immer in einem Kontext zu verstehen ist.) Im Kontext dieser Gesetze, des Umgangs mit ihnen findet ein Ausschluss statt, der schwerwiegende Folgen für das Leben in der Stadt hat und diametral dem Wording (Keiner wird zurückgelassen) entgegensteht.
Es reicht nicht, dass sich der Bürgermeister und der Sozialstadtrat mit der ungerechten Rechtspolitik verbal kritisch auseinander setzen, interessante Sprüche kreieren. Auch die BürgerInnen müssen verstehen können, worum was es rechtlich und sachlich geht. Um dieses Verständnis zu entwickeln, bedarf es der notwendigen Formulierungen, Kommunikationsformen, Bildung, des Mitwirkens der Kulturwissenschaft. Und vor allem dürfen dann Wording der Politik und konkrete Handlungen/ Verwaltungsakte sich nicht konterkarieren. Das ist aber in zehntausenden Fällen in Wien im Falle der Mindestsicherung offenbar Realität, wenn den Zahlen der Stadt Wien gefolgt wird.
Gesetze
Die Gesetze zur Mindestsicherung sind nicht nur aus sprachlichen Gründen fragwürdig. Gesetze stehen in einem Rechtsstaat nie für sich. Es ist bedauerlich, dass der Sozialstadtrat, der Bürgermeister seit ihrem Amtsantritt 2018 den Apparat der Stadt Wien nicht so eingesetzt haben, dass die Gesetze verfassungskonform gestaltet wurden. Dass den Armen aufgenötigt wird, sich vor Gericht zu wehren, anstatt die demokratisch legitimierte Macht der Stadtregierung gegen menschenfeindliche Politik einzusetzen, ist bedenklich und spricht nicht für diese Verwaltung, diese Politik. Derartige Mittel der Stadt (Rückforderungen im derzeitigen Stil und Ausmaß), die gegen Arme eingesetzt werden, sind gegen die Programmatik, die öffentlich verkündet wird, gegen zentrale Elemente des Rechtsstaates wie die Verhältnismäßigkeit.
Schlechte Verwaltung
Allgemein wird in Österreich ein Verfall der Verwaltungen festgestellt. Eine schlechte Verwaltung zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie ihre Fehler nicht erkennen bzw. nicht korrigieren kann.
Nach meiner Kenntnis ist gerade die Verwaltung der Stadt Wien durch nettes – nicht immer inhaltssicheres – programmatisches Wording (zum Beispiel: digitaler Humanismus), aber auch durch grundlegendes Fehlverhalten gekennzeichnet. Fehler werden nicht eingestanden. Fehler, die auch entstehen, weil sich diese Verwaltung von der Rechtspolitik einer radikalen Minderheit treiben lässt, die nichts vom Rechtsstaat hält und zu den grundlegenden heutigen Entwicklungen (Ernährung, Medizin etc.) nicht wirklich einen Zugang hat.
Bedauerlich, wenn in der Folge der Machtapparat der Stadt eingesetzt wird, um Fehler zu kaschieren, Menschen zu schädigen, die meist nicht einmal verstehen, wie ihnen geschieht. Stattdessen wenden sich die geschädigten Menschen denjenigen zu, von denen sie meinen, dass sie die politischen Feinde derer sind, die sie demütigen, ihnen Probleme bereiten. Aber gerade diejenigen (FPÖ, RechtspolitikerInnen) sind es, von denen nach meinen Analysen die Probleme ausgehen. Dazu kommen die, die sich private Geschäftsfelder eröffnen (Wirtschafts- und Steuerberatungeskonzerne), um an den Problemen mit der Verwaltung zu verdienen – zum Schaden gemeinnütziger Vereine, kleine und mittlere Betriebe.
Kosten
Bei 53.173 Rückforderungen stellt sich die Frage nach den Kosten für diesen bürokratischen Aufwand für die SteuerzahlerInnen. Derzeit scheinen zudem vermehrt Forderungen eingetrieben zu werden, weil es ein Budgetdefizit gibt. Von den Armen ist wahrscheinlich am ehesten kaum Widerstand zu erwarten, weil die organisierte Vertretung meist fehlt. Aber auch die Bezahlung der Überstunden, gerechte Löhne fehlen.
Offenbar geht es in diesen Verwaltungsvorgängen nicht um Menschen, sondern um Zahlen (siehe Jura Soyfer: Lied des einfachen Menschen), wobei der Verwaltungsaufwand nicht berücksichtigt wird, also nicht einmal die Zahlen ernst genommen werden. (Im Falle der Wiener Linien wurde zum Beispiel über den Kostenfaktor der Kontrolle durchaus nachgedacht.)
Auch die Verhältnismäßigkeit ist ein wichtiges Prinzip einer guten Verwaltung und ein zentrales Prinzip eines Rechtsstaates. Aufgrund der vorhandenen Informationen scheint dieses Prinzip im Falle der Mindestsicherung in erheblichem Ausmaß verletzt, ein grundlegendes Prinzip des Rechtsstaates de facto nicht beachtet zu werden. Die Anzahl der Rückforderungen spricht eine deutliche Sprache. Wie immer das programmatische Wording lautet.
Schäden
Weiters ist die Frage zu stellen, welche Schäden durch die Rückforderungen angerichtet werden. Warum sind hauptsächlich Frauen betroffen? Wird durch die Rückforderung eventuell die Reintegration versperrt, weil die Rückforderungen die soziale Handlungsfähigkeit einschränken? Entstehen durch die Rückforderungen für die Stadt nicht weitaus mehr Kosten – und das auf der Basis ungerechten Handelns?
Zusammenfassung
Von einem humanistischen Standpunkt aus gesehen, ist diese Art der Verwaltung, die politisch vom Stadtrat und vom Bürgermeister primär zu verantworten ist, in ihrer Faktizität sowieso fragwürdig. Bedauerlich ist, dass die Konformität der Mindestsicherung mit der Verfassung von der Stadt Wien nicht vor Gericht hinterfragt wird. Hier hat sich das Primat der Politik vor den Gesetzen, das theoretisch heftig durch die Stadtregierung abgelehnt wird, nach meiner Kenntnis in der Praxis durchgesetzt. Die Rechtspolitik, die verbal heftig bekämpft wird, ist Grundlage für die Verwaltung geworden. Der Rechtsstaat wird ausgehebelt (zum Beispiel im Bereich der Verhältnismäßigkeit).
Aber auch rein vom budgetären Gesichtspunkt aus scheinen fragwürdige Kosten zu Lasten der Menschen in Wien zu entstehen.
Insgesamt wird eine Politik evident, die den Menschen in der Stadt schadet und wahrscheinlich auch nicht zur Freude derjenigen ist, die in der Verwaltung die Konflikte austragen müssen. Kaum zu erwarten, dass Menschen, die existentiell geschädigt werden, als WählerInnen zu gewinnen sind. Schon gar nicht mit einer traditionellen Wahlkampagne, die nicht versteht, welche Kommunikationsformen heute erforderlich wären.
Wahrscheinlich ist daher das historisch schlechteste Wahlergebnis der Sozialdemokratie in Wien zu erwarten. Mit Datum vom 13.4.2025 werden 38% prognostiziert. So wenige Stimmen gab es zu Zeiten der Ersten und Zweiten Republik noch nie. Aber Bürgermeister wird wohl wieder ein Sozialdemokrat oder sogar eine Sozialdemokratin werden.
Verantwortlich dafür ist der Bürgermeister, auf den die Wahl am 27.4.2025 zugeschnitten ist und dessen Werte derzeit bei 36% liegen (ein Absturz).
Wir werden sehen, ob er die Verantwortung übernimmt, wenn der Wahlausgang zu einem Desaster wird, weil seine Handlungen, die seiner Stadtregierung, der Verwaltung der Stadt nicht dem Wording entsprechen, viele potentielle WählerInnen ausgeschlossen werden. Der Umgang mit der Mindestsicherung, die Armut, die ungerechten Löhne spielen dabei eine zentrale Rolle. Die mächtige Stadt hat sich der Rechtspolitik de facto unterworfen und unterwirft mit ihrem mächtigen Apparat die Armen, Schwachen, Leistungsträger. Der Irrationalismus manifestiert sich im Kontext der Divergenz von Wording und realem Handeln.
Erste Fassung: 15.4.2025
Weitere Fassungen: 16.4.2025